„Wir können immer noch viel vom Silicon Valley lernen“

Zahar Barth-Manzoori © DWIH San Francisco

Im Frühjahr 2022 starteten die Aktivitäten des neu gegründeten DWIH San Francisco. Direktorin Dr. Zahar Barth-Manzoori über sehr erfolgreiche erste Monate in der Bay Area und die wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte des Hauses.

Frau Dr. Barth-Manzoori, am 29. April 2022 wurde das DWIH San Francisco mit einer Feier im Exploratorium in San Francisco eröffnet. Wie erinnern Sie sich an den Event?

Natürlich erinnere ich mich sehr lebhaft an die Veranstaltung selbst, aber vor allem auch an die intensiven Vorbereitungen. Es war ja sozusagen unser erster großer Auftritt in der Bay Area. Wir mussten uns genau überlegen, worauf wir bei all der Fülle der Themen, Institutionen und Personen den Fokus legen. Und wie wir es schaffen, uns als neue Institution neben all den hervorragenden Akteuren in der Region zu behaupten. Da war es enorm hilfreich, dass wir an bereits bestehende Kontakte anknüpfen konnten.

Sie meinen zum Beispiel zur Universität Berkeley?

Ja, genau. Hier bestand durch das Center for German and European Studies, welches der DAAD mit fördert, bereits eine langjährige Zusammenarbeit. Diesen Rahmen haben wir bei der Eröffnungsfeier genutzt. Die UC Berkeley war die erste Station einer dreitägigen Tour durch die Region, die wir für unsere Gäste organisiert hatten. Wir konnten dort zum Beispiel mit der Leiterin des Projekts Gateway sprechen, das den Aufbau eines Data Science Center für datengetriebene Forschung vorantreiben will. An der Universität Stanford haben wir ein Panel unter anderem mit Mitgliedern des Politik-Thinktanks Hoover Institution und der Doerr School of Sustainability organisiert. Das war als Überblick gedacht, um zu verstehen, wie so eine Hochschule tickt.

Und das hat funktioniert?

Wir waren sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich glaube, unsere Auswahl hat ganz gut den Nerv der Bay Area getroffen, vor allem, was die Perspektive auf Forschung und Innovation betrifft. Es gibt hier einfach diese enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Zu beobachten war das auch bei unserem Besuch von Autodesk in San Francisco, einem außeruniversitären Forschungsnetzwerk, das auch Aufträge für die Industrie wahrnimmt. Und was vor allem für uns wichtig war: Wir haben über die Delegationsreise Kontakte geknüpft zu hiesigen Institutionen, die wir dann für Veranstaltungen und weitere Projekte genutzt haben und immer noch nutzen.

Wie liefen die ersten Monate nach dem offiziellen Start der DWIH-Aktivitäten?

Die Frage, die wir uns gestellt hatten, war: Wie können wir unser Netzwerk sinnvoll auch auf die hiesigen Systeme anwenden? Unser erster Event, nur wenige Wochen nach der Eröffnung, war dann eine Veranstaltung mit dem Thinktank Bay Area Council Economic Institute. Es ging um die Frage, wie sich die Region hinsichtlich der Präsenz internationaler Vertretungen seit der Pandemie entwickelt hat. Dazu gab es einen Report, in dem quasi die gesamte internationale Innovations-Community befragt wurde, deren Vertreterinnen und Vertreter dann natürlich auch alle vor Ort waren. Und plötzlich wussten alle, wer wir sind.

Das hört sich nach einem perfekten Start an.

Ich erinnere mich noch sehr gut an ein Essen mit dem japanischen Generalkonsul ziemlich bald nach der Veranstaltung. Er wollte herausfinden, wie die Deutschen das hinbekommen haben, in so kurzer Zeit eine so starke und sichtbare Vertretung aufzubauen. Das hat uns natürlich sehr stolz gemacht. Es hat uns gezeigt, dass wir es in sehr kurzer Zeit geschafft haben, von der Community wahrgenommen zu werden. Und das ist natürlich eine perfekte Ausgangsposition, um in die inhaltliche Arbeit einzusteigen.

Wie genau sah und sieht diese inhaltliche Arbeit aus?

Eine der wichtigsten Ziele der DWIH ist es ja, den Zugang zu Fachcommunitys zu bekommen. Das ist uns zum Beispiel mit einer Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit und Mobilität zusammen mit der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer gelungen oder auch mit unserer Präsenz auf einem Fachkongress der Society for Neuroscience im November 2022. Das war eine wunderbare Gelegenheit, gezielt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Bay Area anzusprechen und auf Kooperationsmöglichkeiten mit deutschen Kolleginnen und Kollegen hinzuweisen. Unsere zweite Säule ist das Themenfeld Innovation mit dem Fokus auf Entrepreneurship. Dazu hatten wir ein Falling Walls Lab an der Universität Berkeley organisiert, das im September stattfand. Das lief super; zwei Teilnehmende durften wir zur großen Abschlussveranstaltung nach Berlin schicken.

Seit dem Kollaps der Silicon Valley Bank gibt es immer wieder Berichte, wonach die Bay Area ihre goldenen Zeiten inzwischen hinter sich hat. Wie sehen Sie das?

Ich kenne die Berichte, insbesondere die New York Times hatte dazu ja einige Artikel veröffentlicht. Offen gesagt halte ich nicht viel davon. Ich nehme eigentlich genau das Gegenteil wahr. Wir sehen das am Beispiel Künstliche Intelligenz. Wo werden denn gerade die innovativsten Tools entwickelt? Nach wie vor hier in der Bay Area. Deutschland kann immer noch viel vom Silicon Valley lernen. Eine unserer Hauptaufgaben in den nächsten Jahren wird es sein, deutschen Institutionen einen Zugang zu dieser wahrscheinlich noch immer innovativsten Region weltweit zu ermöglichen.

Interview: Klaus Lüber